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Leitthema:
Premium Marke "Produktionssystem"
Netzwerke im Wettbewerb
Prof. Dr.-Ing. Nicolas P. Sokianos
Der Begriff "Premium Marke" ist schon lange definiert und in der Praxis umgesetzt. Konsumenten wissen um den Wert der Marke, sind bereit, dafür "Premium Preise" zu bezahlen.
Aufschläge von 20% bei Automobilherstellern, noch höher bei mobilen Telefonen und Tablett-Computern von Modelabeln der Bekleidungsindustrie und Freizeit- sowie der Schmuckindustrie ganz zu schweigen.
Premium Marken folgen einem Konzept, setzen es um, achten penibel, ja verbissen darauf, dass die Marken und der vermittelte Inhalt, das "Lebensgefühl", nicht vom abgesteckten Pfad abweicht, nicht verwässert wird und auch nicht illegal kopiert wird. Die Premium Marke muss liefern, was sie verspricht, muss genug Differenzierungsmerkmale zum Wettbewerb bieten, muss aber auch entwickelt werden. Die Entwicklung der Marke ist eine hohe Kunst, es ist eine Gratwanderung zwischen dem "heute" und dem antizipierten "morgen". Premium Marken gibt es schließ-ich nicht nur bei Produkten, sondern in vielen Dienstleistungsbereichen von Banken und Versicherungen über Restaurantketten bis zu Urlaubsanbietern und Hochschulen sowie Universitäten.
Wir könnten noch einen Schritt weitergehen und in politisch-wirtschaftlichen Vereinigungen organisierter Staaten, wie die Europäische Union, einen Premium Anspruch erkennen, eine Marke "Europa", sogar in zwei Varianten, eine im Euroraum und eine andere mit nationaler Währung.
Der vorliegende Beitrag, gestützt auf eine Feasibility Forschungsstudie des Autors, soll die denkbaren Verbindungen zwischen Premium Marken im Produkt- und Service-Bereich und Produktionssystemen reflektieren. Ziel dabei ist, von der Premium-Markenführung umsetzungsrelevante Aspekte für die Führung von Produktionssystemen im Sinne von Wertschöpfungsnetzwerken zu gewinnen. Toyota hat sich mit seinem Toyota Produktions-System (TPS) als erster PKW und LKW Hersteller mit gekonntem Marketing als Premium Partner bei den Lieferanten empfohlen. In der Zwischenzeit wurde das japanische Konzept mehrfach studiert, kopiert und weiterentwickelt.
Disziplin und die Beachtung der Lieferanten und Partner entscheidet über den Erfolg oder Misserfolg.
Es ist keine Magie und keine schwarze Kunst, obwohl es häufig danach aussieht. Manche Marke verdient (viel) mehr Geld als eine andere. Aber was ist das Geheimrezept? Ein Geheimnis von starken Marken liegt in der Disziplin ihrer Führung; jedoch ist die Palette der Disziplinlosigkeit groß:
- Dissonanzen zwischen dem Markenimage und dem -Erscheinungsbild sowie dem Pricing
- Qualitätsprobleme in der Lieferkette
- graue Kanäle in der Distribution, die nicht entschlossen blockiert werden
- Verkaufspersonal ohne Produkt-, Marken- und Zielgruppenkenntnisse
- unverhältnismäßig hohes Werbetrommelfeuer auf potenzielle Kunden, die nicht zur Zielgruppe gehören
- Kannibalisierung der Premium-Marke durch inkonsistente Entscheidungen, z. B. durch Sortimente des eigenen Hauses
- Markenerosion durch Produktpiraten
- unqualifiziertes Service Personal an Kunden-Schnittstellen, z. B. im Kundendienst
- schwache Liquidität, die zu Sparschäden führt
- inkonsistente und arrogante Lieferantenpolitik
Das Thema Premium Marken betrifft nicht nur Consumer-Artikel, sondern auch Industriegüter und auch technische, betriebswirtschaftliche und z.B. juristische Dienstleistungen. Immer mehr Unternehmen, deren Produkt-Portfolio markengetrieben ist, erkennen die Notwendigkeit zum Handeln, denn der deutlich wahrnehmbare Trend zur Aufspaltung der Märkte in einen kostenorientierten und in einem Premium-Bereich setzt sich fort.
Nach dem Motto: "Was die Mar-ke zieht, muss der Vertrieb nicht schieben" ist es die Hauptaufgabe des Markenmanagements, ein differenzierendes und zugleich attraktives Markenbild zu schaffen. Wichtig ist, dass die versprochenen Marken-Leistungen auch erbracht werden können, denn nur dann bleibt die Marke für den Kunden langfristig glaubhaft. Diese Grundbedingung gilt es, durch eine Verknüpfung mit dem Qualitäts-, Innovations- und Personalmanagement sicherzustellen.
Elemente des Markenmanagements
Wertschöpfungsnetzwerke
Bei einem Eigenfertigungs "Make"-Anteil von 20% oder 30% ist klar, dass große Anteile der Wertschöpfung über die Lieferanten der verschiedenen Tier Stufen eingebracht werden. Die Kooperation im Netzwerk ist in der Regel in Europa nicht exklusiv, anders als in Asien, wo japanische Keiretsus, verflochtene und abhängige Unternehmen, keine kartellrechtlichen Probleme haben. Das führende Unternehmen, der Leader, muss selbstverständlich sein Netzwerk mit Aufträgen versorgen und ein auskömmliches Überleben in diesem Verbund sichern. Tut er , der Leader, das nicht, so werden wichtige Akteure des Netzwerkes sich anderweitig orientieren. Die praktizierte Projektkultur ist ein Indikator für die künftige Überlebensfähigkeit des Verbandes. Einseitiges "an die Wand drücken" des Lieferanten wird sich über kurz oder lang rächen.
Impulse aus der "Fabrik des Jahres"
Der abermals sehr erfolgreich durchgeführte Kongress in Dresden (Veranstalter: SVV- Süddeutscher Verlag Veranstaltungen GmbH) hat wichtige Impulse in die o.g. Richtung ermöglicht, so im Beitrag von AT-Kearney, "20 Jahre Suche nach Spitzenleistung in der Produktion".
Stichworte: Vernetzung von Köpfen über Communities, cross-funktional, cross-regional, unternehmensübergreifend, Co-creation mit Kunden und Lieferanten.
Schwer kopierbare Vorteile
Der derzeitige strategische Vorteil des VW Konzerns hat sich nicht über Nacht eingestellt. Hat doch noch vor wenigen Jahren der damalige CEO, TOYOTA als fast uneinholbar hinsichtlich der Effizienz eingestuft, hat sich die Rangfolge gedreht.
Die integrierte Entwicklung von Produkt und Produktionsstrukturen mit:
- standardisierten Geometrieaufnahmen,
- einheitlichen Betriebsmitteln und einer
- identischen Infrastruktur
hört sich einfach an als Konzept, ist aber sehr langwierig in der Umsetzung. Das ging einher mit einem systematisch gelifteten Image des Konzerns (Bugatti, Bentley, Lamborghini und neuerdings Ducati).
Aufeinander abgestimmte Produkte- und Prozessarchitekturen nach dem Baukasten (Vortrag WZL Aachen) erzeugen Vorteile entlang der Wertschöpfungskette, ermöglichen bessere "economy of scale", Volumeneffekte und machen das Produktionsnetzwerk attraktiv! Ja, man kann Premium Produktionssysteme generieren!
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Hochschulnachrichten::
Promotion nach dem Master-Abschluss an einer (Fach)Hochschule?
Prof. Dr.-Ing. Nicolas P. Sokianos
Die Einführung der Master-Abschlüsse an den Fachhochschulen und Universitäten gibt den FH-Absolventen formal die Möglichkeit zur Promotion. So weit der Grundsatz. In Deutschland haben aber die Fachschulen, die jetzt Hochschulen heißen, kein Promotionsrecht. Dies ist nach wie vor den Universitäten vorbehalten, die es auch zu verteidigen wissen. (Im Ausland ist es z. T. anders). Also muss sich der Master-Absolvent an eine Universität wenden und sich um einen Zugang zum Promotionsverfahren bemühen. Das ist alles andere als einfach, denn Priorität haben dort die eigenen Absolventen. Einige Universitäten verlangen Brückenkurse, andere empfehlen dem Interessenten doch einen (weiteren) Master an der Uni zu machen.
Diese untragbaren Zustände werden durch Netzkooperationen zwischen Hochschulen und Universitäten aufgelockert, es wird quasi ein Bypass gelegt. Spezielle Gender-Programme ermöglichen gut qualifizierten FH Absolvent/innen einen geförderten Zugang. Es bleibt die Frage: Könnten denn die (Fach)Hochschulen wissenschaftlich eigenständig sein und mit Promotionsrecht ausgestattet werden?
Antwort hierfür ist nicht einfach.
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Innovative Fertigungssysteme in der Nachserienversorgung
Ben Mischnick
Ein exzellenter After-Sales-Service ist in der modernen Automobilindustrie ein entscheidender Faktor für den langfristigen Erfolg eines Herstellers. Insbesondere im Premiumsektor verlangen Kunden auch viele Jahre nach Serienende eine zuverlässige Nachserienversorgung in hoher Qualität. Zudem gehört der Vertrieb von Ersatzteilen im Aftermarket zu den rentabelsten Geschäften in der Automobilindustrie und bedarf daher besonderer Aufmerksamkeit. 1* Die Gegebenheiten der Ersatzteilfertigung unterscheiden sich deutlich von denen der Großserie und sind gekennzeichnet durch unzureichende Prognostizierbarkeit des Ausfallverhaltens, umfangreiches Teilespektrum und niedrige Stückzahlen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen sind innovative Fertigungssysteme gefordert, die eine variantenreiche Produktpalette unter Sicherstellung der Qualitätsanforderungen über einen langen Zeitraum wirtschaftlich abbilden können. Aus diesem Grund hat sich die ThyssenKrupp Presta AG zum Aufbau einer universellen Montagezelle entschlossen, mit der Fertigungslinien auslaufender Serien zukünftig sukzessiv substituiert werden.
Für die Gestaltung der Montagezelle wurden geeignete Methoden des Presta Produktions- und Logistiksystems ausgewählt und hinsichtlich der speziellen Anforderungen der Ersatzteilfertigung angepasst. Die Materialversorgung ist in einem Pull-Kreislauf organisiert, der mit Hilfe von Transportkanban und einem Milkrun-System realisiert wird. Auf diesem Weg wird die Transparenz verbessert und der Materialbestand am Arbeitsplatz gering gehalten. Der Einsatz von beweglichen Montagewagen ermöglicht einen schnellen Wechsel zwischen unterschiedlichen Baureihen. Für die visuelle Kennzeichnung von Stellflächen, Werkzeugen und Kanban-Karten kommt ein baureihenbezogenes Farbschema zum Einsatz, womit Suchvorgänge vermieden werden. Durch die Verwendung von Werkzeug-Shadowboards und der konsequenten Anwendung von 5S-Methoden werden Rüstvorgänge deutlich erleichtert. Hochqualifizierte und kompetente Mitarbeiter sind in flexiblen Fertigungssystemen von besonderer Bedeutung. Zur Erleichterung der Mitarbeitereinsatzplanung und für die Identifikation von Qualifizierungsbedarf kann eine Qualifikationsmatrix wertvolle Unterstützung leisten.
Unter den speziellen Rahmenbedingungen der Ersatzteilfertigung erfolgt die Planung und Umsetzung des Projekts unter Berücksichtigung der Prinzipien des "Piecemeal Engineering" sowie der "minimalen Präjustizierung". Nach diesen generellen Konstruktionsprinzipien des System Engineering sollte im Zweifelsfall der Lösung den Vorzug gegeben werden, welche die meisten Freiräume für die weitere Entwicklung offen lässt. Weiterhin soll die Umsetzung in kleinen Schritten vollzogen werden.
2* Die universelle Montagezelle wird in dieser Hinsicht als Modellprojekt für zukünftige universelle Fertigungssysteme dienen.
Erfolgskriterien für ein universelles Fertigungssystem
Beitrag Ben Mischnick (Mitte) gestützt auf seine Masterarbeit,
Betreuer Prof. Dr. N. Sokianos, Beuth Hochschule Berlin1* Vgl. Markenmanagement in der Automobil-Zulieferindustrie: Vom Lieferanten zum Entwicklungs- und Wertschöpfungspartner, Bernd Gottschalk, Gabler Verlag, 2005, S. 228
2* Vgl. Systems Engineering, Reinhard Haberfellner, Peter Nagel, Mario Becker, Orell Füssli Verlag, 11. Auflage, 2002, S. 23
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Bericht zum Jahreskongresses des AKJ Automotive in Saarbrücken 14./15. März 2012 (Nachbetrachtung)
Jörg Kuntz
Der Arbeitskreis AKJ Automotive konnte am 14. Und 15 März 2012 seinen 27. Jahres-Kongress (www.automobilkongress.de) durchführen, diesmal unter dem Motto "Flexibilität managen und Innovation beherrschen". Prof. Dr. Klaus-J. Schmidt eröffnete die Veranstaltung als Leiter des Kongresses und des AKJ Auto-motive. Er skizzierte die aktuel-len Herausforderungen in der Branche. Einerseits müssen die Unternehmen immer flexibler auf kurzfristige Marktschwankungen reagieren, andererseits sind die im Hinblick auf die Kundenanforderungen notwendigen technischen Innovationen in die Produkte zu integrieren. Die Logistik ist aufgefordert, entscheidende Lösungsbeiträge für beide Herausforderungen zu liefern und sie tut dies auch mit neuen technischen Konzepten.
Dr. Albrecht Köhler erläuterte, wie Produktionsunternehmen wie die Knorr-Bremse die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bewerten. So gestaltet sich die ökonomische Entwicklung in den Ländern Europas und in den anderen Weltregionen sehr unterschiedlich, so dass global agierende Unternehmen in den Einzelmärkten unterschiedliche Strategien umsetzen müssen. Große Herausforderungen sah Dr. Köhler in der starken Zunahme der Geldmenge insbesondere durch die Interventionen der EZB und die steigenden Rohstoffpreise für die produzierende Industrie. Einige technische Innovationen - wie etwa die Entwicklung neuer Motorengenerationen - sind auch für die großen Konzerne alleine nur noch schwer zu stemmen, hier werden die Entwicklungsleistungen vielfach in punktuellen und projektbezogenen Kooperationen mit Wettbewerbern erbracht.
Im Anschluss sprach Herr Wolfgang Booms - Geschäftsführer Vertrieb und Marketing bei den Ford-Werken in Köln - über die Handlungsfelder eines OEMs im aktuellen Marktumfeld. Ford steht mit seinem Marktanteil in Europa an zweiter Stelle nach Volkswagen und Deutschland ist der größte Standort des Unternehmens außerhalb der USA. In Köln findet die Entwicklung der wichtigen Volumenmodelle in der Kompaktklasse für den globalen Markt statt, so wurde auch der aktuelle Focus im Rheinland konstruiert. Das saarländische Werk in Saarlouis ist Lead Plant für die globale Focus-Pro-duktion, die an mehreren Standorten weltweit stattfindet und damit ein Volumen von über eine Million Einheiten erreicht. Mit der Strategie "One Ford" sollen alle in die Wertschöp-fungsketten integrierten Zulieferer und Dienstleister in die globale Produktplanung und Ent-wicklung sowie in die globale Fertigung eng eingebunden werden.
Herr Uwe Lamann, Vorstand Technik beim Automobilzulieferer Leoni, erläuterte in seinem Beitrag, wie es einem großen 1-tier-Lieferanten gelingt, erfolgreich Innovationen in volatilen Märkten zu managen. Leoni stellt Bordnetze für viele OEM-Kunden her und ist dadurch von fast allen Änderungen am Produkt unmittelbar betroffen - schließlich benötigen die vielen Sensoren und Aktuatoren im Auto eine Energieversorgung und eine Weiterleitung der Informationsimpulse. Der steigende Elektronikanteil in den Fahrzeugen und die neuen Anforde-rungen durch Hybrid- und Elektroautos sind Treiber für technische Innovationen, die auch wirtschaftlich industrialisiert werden müssen. Die Herstellung der Kabelsätze ist heute noch weitgehend Handarbeit, so dass die entsprechenden Zulieferer gezwungen sind, ihre Standorte in den Ländern mit niedrigen Lohnkosten zu suchen (Osteuropa, Nordafrika). Trotzdem müssen die kundenspezifisch gefertigten Kabelsätze in Losgröße 1 mit einem JIS-Logistikprozess ohne nennenswerte Puffer am Verbauort an der Montagelinie beim OEM bereitgestellt werden.
Der aus seiner langjährigen Tätigkeit bei Peugeot und Volkswagen bekannte Automobildesigner Murat Günak hat sich ganz den neuen Möglichkeiten der E-Mobilität verschrieben. Er berichtete über das neue Unternehmen mia electric, das Teile des französischen Unternehmens Heuliez übernommen hat und mit der Serienproduktion von drei Modellen eines Elektrofahrzeugs gestartet ist. Das besondere Design - u.a. der mittige Fahrersitz - ist auf den bevorzugten Einsatzort in den Großstädten und Ballungsräumen dieser Welt ausgelegt.
Ford betreibt seit über 40 Jahren eine auch im internationalen Produktivitätsvergleich sehr erfolgreiche Fabrik im saarländischen Saarlouis. Werkleiter Martin Chapman berichtete von den Herausforderungen bei der Umstellung auf den aktuellen Focus und die Rolle als Lead Plant für die weltweite Produktion der Ford-Kompaktklasse. Durch die Konzentration des Werkes auf nur noch ein Fahrzeugmodell ergibt sich ein erhöhtes Auslastungsrisiko - wird der Focus nicht mit den geplanten Stückzahlen abgesetzt, sinkt der Auslastungsgrad im Werk und kann zunächst nicht mit der Produktion eines anderen Modells ausgeglichen werden.
In der Podiumsdiskussion mit der Moderatorin Petra Glinski (Süddeutsche TV) diskutierten Wolfgang Booms (Ford), Dr. Albrecht Köhler (Knorr-Bremse), Uwe Lamann (Leoni), Albert Lidauer (Magna) und Dr. Christoph Skudelny (PriceWaterhouseCoopers) das aktuelle Marktumfeld und die Konsequenzen für die Gestaltung der Fabrik der Zukunft. Eingeleitet wurde die Podiumsdiskussion durch den Impulsvortrag von Peter Riechers (Volkswagen), der die besonderen Wirkungen neuer Modul- und Produktionsbaukästen in die Diskussion einbrachte.
Referenten von namhaften Unternehmen aus der Automobilbranche erläuterten in weiteren Fachbeiträgen mögliche Konzepte und Methoden zur Beherrschung der Flexibilität und zum Management der geforderten Produkt- und Prozessinnovationen. So berichtete Herr Günter Bischoff vom Redesign der operativen Logistik im Volkswagenwerk Wolfsburg zur Vorbereitung des Anlaufs des neuen Golf-Modells und zur Ertüchtigung der Fabrik im Hinblick auf die zu erwartende höhere Komplexität bei zukünftigen Fahrzeugmodellen. Die notwendigen Veränderungen zur Produktion der neuen Fahrzeuggeneration im LKW-Werk von Daimler in Wörth erläuterte Dr. Andreas Hemberger. Unter der Leitidee Lean Logistics wurden Maßnahmen zur Optimierung der Lieferantenstruktur, der Transportlogistik, der Anlieferstrategien und der Produktionsversorgung umgesetzt. Herr Bühler von BMW zeigte auf, wie sich eine schlanke Logistik in einem Automobilwerk in den USA umsetzen lässt.
Am Abend des 14. März 2012 konnte der AKJ Automotive zum 13. Mal den elogistics award vergeben. Verliehen wurden die Auszeichnungen während der festlichen Abendveranstaltung von Peter Jacobi, Finanzminister des Saarlandes.
Die Jury - bestehend aus Experten aus Automobilindustrie und Hochschule - hat die eingereichten Projekte nach folgenden Kriterien beurteilt:Innovation in Bezug auf die gewählte Anwendung Originalität in Bezug auf die Anwendungsfelder in der Logistik Nutzen und Mehrwert aus Sicht der Hauptanwender Beschleunigungseffekte in der Wertschöpfungskette bzw. Auftragsabwicklung Entwicklungsmöglichkeit und Nachhaltigkeit Mit dem elogistics award möchte der Arbeitskreis AKJ Automotive in erster Linie innovative Projekte würdigen, die in geeigneter Weise Logistik und Informationsverarbeitung ver-binden. Besonders beachtet wird die Anwenderseite - wird die Lösung in der Praxis eingesetzt und haben sich signifikante Verbesserungen in den Prozessen ergeben.
Die Jury prämierte in diesem Jahr zwei eingereichte Lösungen mit einem Preis:
"Deutz-Logistikplattform" (Deutz AG mit Dienstleister Axit AG) Das Unternehmen Deutz AG kann als ältester Hersteller von Verbrennungsmotoren auf eine lange und erfolgreiche Firmengeschichte verweisen. Schon vor der letzten Absatzkrise hat das Unternehmen begonnen, ein vollständig überarbeitetes Logistikkonzept umzusetzen, um die Wettbewerbsfähigkeit als großer selbständiger Motorenbauer zu erhalten und zu stärken. Das neue Logistikkonzept verändert dabei alle wesentlichen Prozesse von der Anlieferung der Teile über die Bereitstellung in der Montage bis zur Ablieferung beim Kunden.
Die Jury würdigt mit der Preisverleihung das Gesamtkonzept und die Unterstützung der neu implementierten Prozesse durch eine gemeinsame Kommunikationsplattform mit Lieferanten und Dienstleistern. Gemeinsam mit dem Partner Axit AG wurde die Deutz-Logistikplattform aufgesetzt, die für alle Wertschöpfungspartner eine vorher nicht mögliche Transparenz über die Supply Chain herstellt und die Voraussetzung für schlanke und wirtschaftliche Logistikprozesse schafft. So gelingt es jetzt beispielsweise, den gesamten Belieferungsprozess bis zur Bereitstellung der Teile in der Montage mit nur einem Behälter-Label zu begleiten - ganz gleich wie viele Partner in der betroffenen Logis-tikkette zusammenarbeiten.
"Logistics Mall" (Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik IML mit Dienstleister Logata GmbH)
Einfache Lösungen für die komplexen Herausforderungen in der Logistik gibt es nicht - wohl aber Lösungen, die ohne großen Aufwand für den Anwender zu implementieren und zu betreiben sind. Die Jury verleiht den Preis für die Lösung "Logistics Mall", die eben genau diese Eigenschaften hat: Prozesse, Dienstleistungen, Software und Anwendungen sind frei konfigurierbar und anforderungsgerecht für die jeweilige Anwendungssituation anpassbar. Der Anwender muss sich nicht um den Betrieb der IT-Lösung kümmern, er bezieht die benötigte Funktionalität über einen virtuellen Marktplatz - angewandtes Cloud-Computing für die Logistik. So erhalten auch mittlere und kleinere Unternehmen Zugang zu innovativen IT-Lösungen für die Logistik, die früher bestehenden Barrieren für deren Anwendung werden deutlich gesenkt. Die Logistics Mall - umgesetzt mit dem Partner Logata GmbH - ist damit ein wichtiger Beitrag zur "Demokratisierung" leistungsfä-higer Prozesse und IT-gestützter Verfahren in der Logistik.
Der Arbeitskreis AKJ Automotive (www.akj-automotive.de) beschäftigt sich mit Strategien und Lösungen für die Neuausrichtung und Optimierung der Kernprozesse und Lieferbeziehungen in der Automobil- und Zulieferindustrie. Er versteht sich als Plattform zum Austausch von Erfahrungen für die drei beteiligten Parteien in der automobilen Wertschöpfungskette (OEM, Lieferanten und Dienstleister) und bietet den Rahmen zur offenen Diskussion aktueller Fragestellungen in der Zusammenarbeit.
Für weitergehende Informationen wenden Sie sich bitte an:
Jörg Kuntz
Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes
FITT GmbH - Institut für Technologietransfer
Goebenstraße 40
66117 Saarbrücken
Tel +49-681-5867-410
E-Mail: jck@htw-saarland.de
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Recht::
Krisenarbeitsrecht
cand. iur. Jannis Sokianos
Der Handlungsspielraum eines Unternehmers richtet sich nicht nur nach wirtschaftlichen Faktoren, sondern wird wesentlich begrenzt durch rechtliche Rahmenbedingungen. Im Folgenden sollen die für den Krisenfall in Betracht kommenden arbeitsrechtlichen Gestaltungsspielräume beleuchtet werden.
Legislative Maßnahmen
Krisenbewältigung bedeutet für den Gesetzgeber vor allem Flexibilisierung der wirtschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen. Hier hat sich die Kurzarbeit als gelungene antizipatorische Gesetzgebung erwiesen; jedenfalls nachdem sie durch das damalige Konjunkturpaket II aufgemöbelt worden war. Unter Kurzarbeit versteht man die vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit mit dem Zweck der wirtschaftlichen Entlastung des Betriebs durch Senkung der Personalkosten bei gleichzeitiger Erhaltung der Arbeitsplätze (Küttner, Personalbuch 2012, Stichwort 266). Die Ausgewogenheit und damit auch die allgemeine Akzeptanz der Kurzarbeit beruht insbesondere auf der Partizipation aller Betroffenen am Prozess ihrer konkreten Vereinbarung. Denn diese muss einvernehmlich erfolgen, weswegen Arbeitnehmer entweder unmittelbar selbst zustimmen müssen oder durch Gewerkschaft oder Betriebsrat vertreten werden. Dadurch wird die generell mit einseitiger Anordnung verbundene hoheitsähnliche Wirkung vermieden, was befriedende Funktion hat.
Konfliktträchtiger erscheint demgegenüber der drittbezogene Personaleinsatz auf Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG), also die Leiharbeit. Wie die Kurzarbeit ist sie nur vorrübergehend zulässig und darf nicht dazu genutzt werden, die Stammbelegschaft zu ersetzen. Das war allerdings häufiger der Fall, weswegen der Gesetzgeber diese und andere Unausgewogenheiten Mitte 2011 durch ein Änderungsgesetz beseitigte. Im Vordergrund stand vor allem die Schaffung der bisher nicht vorhandenen Möglichkeit der Einführung einer Lohnuntergrenze durch die Tarifpartner in § 3a AÜG. Dadurch wird Leiharbeit zwar teurer, aber auch wesentlich ausgewogener.
Privatautonome Maßnahmen
Das Arbeitsrecht zählte noch nie zu den Bereichen erhöhter gesetzgeberischer Aktivität. Denn die Materie ist komplex und zudem politisch brisant. Arbeitgeber müssen daher zwingend die aktuelle Rechtsprechung zumindest des Bundesarbeitsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs im Blick haben.
Der Arbeitgeber kann in der Krise auf ein mannigfaltiges Arsenal arbeitsrechtlicher Vertragsklauseln zurückgreifen. Vorausschauende Vertragsgestaltung ist hier allerdings entscheidend, da bereits bestehende Verträge nur mittels Änderungskündigung angepasst werden können.
Als Flexibilisierungsmittel sind vor allem Sonderzahlungen und variable Vergütungsbestandteile hervorzuheben. Aber nur wenn diese mit gerichtsfest formulierten Widerrufsvorbehalten versehen worden sind, erweisen sie sich als probates arbeitsrechtliches Mittel der Krisenbewältigung. Insbesondere das Bundesarbeitsgericht sorgt in diesem Bereich regelmäßig für Überraschungen.
In jüngster Zeit hält zudem verstärkt die Beschäftigung auf Werkvertragsbasis Einzug in die betriebliche Realität. Wie bei der inzwischen weniger attraktiven Leiharbeit handelt es sich auch hier um eine Form des drittbezogenen Personaleinsatzes. Es besteht außerdem eine enge Verwandtschaft zu bekannten Outsourcing-Konzepten. Denn die Subunternehmer verpflichten sich zur Herbeiführung eines Werkserfolges, z. B. dem Einräumen einer Palette Waren in ein Regal. Einem Arbeitsverhältnis liegt demgegenüber ein tätigkeitsbezogener Hauptleistungsgegenstand zugrunde, der nicht auf einen singulären Vorgang wie den des Einräumens begrenzt ist.
Dieser wesentliche Unterschied spiegelt sich in den entsprechenden rechtlichen Vorschriften. Während Arbeitsrecht überwiegend zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht ist, können die Vorschriften des Werkvertragsrechts (§§ 631ff. BGB) fast durchgängig abbedungen werden. Folglich bestimmt allein das zum Subunternehmer bestehende Vertragsverhältnis die Stellung Desjenigen, der im Beispielsfall die Regale bestückt.
Diese Konstruktion dient in der Regel der Vermeidung von Lohnuntergrenzen, was zugleich das wichtigste normative Korrektiv der AÜG-Novelle konterkariert und daher als überaus fragwürdig erscheint.
Zudem bestehen besondere Haftungsrisiken: Zunächst muss der Subunternehmer auch tatsächlich Werkleistungen erbringen. Steckt hinter (Schein-)Werkverträgen in Wirklichkeit das bloße zur Verfügungstellen von Arbeitskräften, so handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung und es greift das AÜG. Verfügt der Subunternehmer nicht über die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, handelt es sich gar um illegale Leiharbeit und die zwischen ihm und den Arbeitnehmern geschlossenen Verträge sind unwirksam. Zugleich entstehen Arbeitsverhältnisse zwischen den Arbeitnehmern und dem Unternehmen, bei dem sie eingesetzt sind.
Verfügt der Subunternehmer über die behördliche Erlaubnis, so greift das sog. equal-pay-Prinzip, wonach die Vergütung der Leiharbeitnehmer derjenigen der Stammbelegschaft anzugleichen ist.
Zusammenfassend gilt, dass das Krisenarbeitsrecht zwar erhebliche Flexibilisierungsmöglichkeiten bietet, die jedoch stets mit Augenmaß und guter Beratung auszuloten sind.
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